Seine Zubereitung ist eine Kunst, also
ziemt es sich, ihn auch kunstvoll zu genießen.
Abd el Kader, 16. Jahrhundert
DIE KUNST DER KAFFEEZUBEREITUNG
Äthiopien
ist das Land, in dem der Kaffee vor mehr als zweitausend Jahren entdeckt wurde.
Seine Bewohner tranken bereits Kaffee als in Europa noch Bier zum Frühstück
verzehrt wurde. Dort wurde eine spezielle Zeremonie für das gemeinsame
Kaffeetrinken entwickelt. Die grünen Bohnen werden am Tisch geröstet
(Pfannenröstung), herumgereicht, um den Duft und das Aroma der qualmenden
Bohnen genießen zu können; einen Segensspruch wurde ausgesprochen, die Bohnen
anschließend gemahlen und aufgebrüht. Der Kaffee wird in einer henkellosen
Tasse mit einem Zweig ingwerähnlichem Gewürz serviert. Die Zeremonie kann bis
zu drei Stunden dauern und trägt den Namen: Abole-Berke-Sostga, eins-zwei-drei
auf die Freundschaft.
Es
gibt grundsätzlich zwei verschiedene Kaffeesorten: den Arabica aus Ostafrika,
der in größeren Höhen gedeiht und den Robusta aus Zaire, eine rundere, herbere Bohne,
die überall wächst. Vor dreitausend Jahren verzerrten die ersten
Kaffeeliebaber, die Oromo-Nomaden, Kaffee indem sie ihn aßen. Die zerstoßenen
Bohnen wurden mit Fett vermischt und zu ballgroßen Happen geformt. Während der
Schlacht mit den Bongas wurden die Oromo als Sklaven nach Harar gebracht und
mit ihnen die Kaffeebohne. Die Bohnen die dort gedeihen sind länglich und
besitzen die köstliche Eigenschaft der Arabica Bohne. Bei der Anpassung an die
Höhenlage entstand eine verfeinerte Arabica-Bohne die später in den Jemen und
dann in die ganze Welt gebracht wurde.
Die
Äthiopier haben zwar seit ewigen Zeiten die Kaffeebohnen gekaut, doch die erste
flüssige Tasse Kaffee wurde nicht aus Bohnen, sondern aus den Blättern des
Kaffeestrauchs hergestellt. Dieser abessinischer Tee hatte zwei Bezeichnungen:
Kati oder Kotea aus gerösteten, orangenfarbenen mit hellgrünen Flecken
versehenen Kaffeeblättern und Amertassa, das wohl ältere Getränk. Kafta nannten
es die Araber. Später wurde im Südjemen unbehandelte Bohnen hinzugegeben. Die
Katizubereitung ist einfach:
Die
getrockneten Blätter werden in einer flachen Pfanne geröstet, bis sie von
dunkler, pechähnlicher Konsistenz sind. Dann zerbröselt man sie und übergießt
sie mit einer Mischung aus Wasser, Zucker und einer Prise Salz. Das Ganze wird
bei schwacher Hitze etwa zehn Minuten lang gekocht. Die bernsteinfarbene,
dickliche Flüssigkeit zergeht, ja schmilzt auf der Zunge, ihr köstlich
karamellisiertes, rauchiges Aroma ist mit Lapsang Souchong (dem chinesischen Rauchtee)
vergleichbar, aber vielschichtiger – sie schmeckt süß und salzig
zugleich.
vgl.
s.25
Die
Qat-Blätter werden ebenfalls gekaut. Sie haben viele Araber und Ostafrikaner
süchtig gemacht und werden auch als böse Schwestern des Kaffees bezeichnet. Die
unbehandelten Qat-Blätter werden solange zerkaut bis der Pflanzenbrei alle
Säfte abgegeben hat. Eine geistige Euphorie stellt sich ein. Ein
tranceähnlicher Zustand, der eine hypnotisch-sinnliche Erfahrung zulässt.
Den
Bewohner von Harar war es verboten die Stadt zu verlassen, um die Kunst des
Kaffeebrauens zu erhalten. Die Einheimischen beten ihre Kaffeekannen an und
verwenden die Bohne als Opfergabe. Das Gebet für Frieden, Schutz, Wohlstand und
Regen wurde an diese gerichtet. Das Ritual Bun-Qualle der Garrii vom Stamm der
Oromo feiert die Liebe und den Tod. So wird beispielsweise das Platzen der
Bohne in der Pfanne als Geburt eines Kindes oder auch als letzter Seufzer eines
Sterbenden gleichgesetzt. Sie verwenden die Bohne als Opferersatz für den Ochsen.
Die Garrii-Priester schälen die Bohne anstatt das Tier zu schlachten und braten
diese in Butter. Durch das kauen derselbigen werden spirituelle Kräfte
gestärkt. Die Masse der heiligen Butter mit Kaffeearoma wird nun den
Teilnehmern der Zeremonie auf die Stirn geschmiert. Übrige Bohnen werden mit
süßer Milch vermischt, getrunken und ein Gebet gesprochen – unter anderem um
den Wohlstand zu mehren. Dieses Ritual stammt vermutlich aus einer Zeit vor der
Verbreitung des Islams, da die islamischen Alchemisten glaubten, dass Kaffee
mit Milch Lepra verursacht – auf diesen Glauben geht die Verweigerung mancher
Europäer Kaffee mit Milch zu trinken zurück. Ein Aufguss mit zerstoßenen
Bohnen, die ihre ganze Kraft entfalten können, wird nur mit Wasser hergestellt und für dunklere Vorgänger
wie eine Teufelsaustreibung verwendet.
Die
Bun-Qualle ist der Archetype für das weilweit am meisten verbreitete
Gemeinschaftsritual. In der heutigen Zeit ist diese Zusammenkunft mit dem
Verzehr des Kaffees inzwischen der internationalen Geschäftsgepflogenheit
angehörig. Die stimulierende Wirkung des Intellekts, Wachheit und
Durchhaltevermögen sind Aspekte, warum in den modernen Büros die Kaffeekanne
nicht mehr wegzudenken ist.
Lee
Allen, Stewart (2003): Ein teuflisches Zeug. Auf abenteuerlicher Reise durch
die Geschichte des Kaffees, Frankfurt
von
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