SCHENKEN
Jemandem etwas zu schenken hat
meist die Absicht dem Gegenüber eine Freude zu bereiten. Um jemandem eine
Freude zu machen, muss es sich bei einem Geschenk natürlich nicht zwangsläufig
um etwas Materielles handeln. Auch jemandem ein Lächeln zu schenken kann beim
Gegenüber schon zu positiven Emotionen führen.
Meist schenken wir Freunden,
Bekannten oder Verwandten etwas zu besonderen Anlässen wie Geburtstagen,
Hochzeiten oder anderen Feierlichkeiten. Wenn wir Fremden einmal etwas
schenken, sind es oft Bedürftige denen es an etwas bestimmtem mangelt. In den
seltensten Fällen jedoch schenken wir – scheinbar absichtslos – einer fremden
Person etwas. Gerade diese scheinbare Absichtslosigkeit eines Geschenkes führt
mitten hinein in die Altruismusdebatte (Altruismus: Uneigennützigkeit,
Selbstlosigkeit, durch Rücksicht auf andere gekennzeichnete Denk- und
Handlungsweise). Es geht dabei darum, dem Anderen (lat. alter: der Andere)
etwas von sich zu geben oder demjenigen eine Freude zu bereiten ohne einen
(materiellen) Gegenwert zu erhalten. Aber ist nicht schon unsere eigene Freude
darüber, jemandem eine Freude zu bereiten, Motivation genug um dem Gegenüber
etwas zu schenken? Und kann man noch von absichtslosem Schenken sprechen, wenn
wir evtl. – ob bewusst oder unbewusst – nur schenken, um selbst etwas davon zu
haben? Sei es um die Bindung zu einer Person aufrechtzuerhalten, der eigenen
Freude daran, wie sich der andere freut oder tatsächlich um durch das Geschenk
an bestimmte Ressourcen, welcher Art auch immer, zu gelangen?
Aus Motivationspsychologischer
Sicht benötigen wir für jede Handlung einen Beweggrund (lat. motivum:
Beweggrund, Antrieb). Von dieser Sichtweise her könnten wir nun frustriert sein
und unsere scheinbar absichtslose Intention abwerten, da es die eigene Freude
daran, jemanden zu beschenken oder andere Beweggründe in
den Vordergrund rückt. Diese Beweggründe haben dann aber immer mit uns selbst
zu tun und dem eigenen Vorteil, den man sich durch das Geschenk verschafft.
Folglich wäre es – überspitzt gesagt – nahezu egoistisch (lat. ego: ich)
jemanden zu beschenken, da wir selbst immer in irgendeiner Form einen
persönlichen Nutzen davon tragen. Umgekehrt jedoch kann man sich fragen ob es
so schlimm ist wenn wir selbst einen Vorteil und seien es nur positive
Emotionen (lat. emovere:
herausbewegen) erleben, wenn wir etwas schenken und damit Freude beim Anderen
auslösen. Ist geteilte Freude nicht viel schöner, sowie sprichwörtlich geteiltes
Leid halbes Leid bedeutet? Führen nicht geteilte Emotionen zu Verständns
füreinander und damit zu einem besseren Kontakt zueinander, von dem
letztendlich beide profitieren können?
Jemandem ein Geschenk zu machen
kann folglich sowohl für den Beschenkten, als auch für den scheinbar
absichtslosen Schenker von Vorteil sein. Durch die gemeinsam erlebte Freude
können Beziehungen entstehen oder gefestigt werden und Neues kann sich
entwickeln.
von Tom Kossak, Diplompsychologe, getroffen am 17 August 2013